Rohstoffe
Hier sind wir bei der ersten, und mit der wichtigsten Qualitätsgrundlage angelangt.
Um Edelobstbrände herstellen zu können, die bei der Verkostung ungetrübten Genuss gewährleisten, verarbeiten wir ausschließlich erstklassige Rohstoffe. Ähnlich wie bei der Herstellung von Spitzenweinen oder delikaten Speisen, kann auch der Brenner nur das Aroma in seine Brände bringen, das im Ausgangsprodukt Obst enthalten ist. Wie gesagt, wird es auch dem Winzer und dem Sterne-Koch nicht gelingen, aus geschmacklosen oder (noch schlimmer) schlechten Grundprodukten ohne den Einsatz von Chemie einen Genuss für Nase und Gaumen zu zaubern.
Dies erklärt auch, weshalb in der Vergangenheit Obstbrände oder Schnaps eine nur nebensächliche Rolle bei den Edeldestillaten gespielt haben, wurden doch von den meisten Brennereien nur das Fallobst, bzw. das anderweitig nicht mehr verwertbare Obst im Gärbottich eingeschlagen und zum gemeinen “Obstler”, auch bekannt unter dem Spitznamen “Bodensee-Diesel” oder “Skiobstler”, verarbeitet. Das hat sich in den letzten 15 bis 20 Jahren glücklicherweise grundlegend geändert und immer mehr Berufskollegen stellen mit großem Aufwand hochwertige Edelobstbrände her.
Was also kommt nun in unserer Brennerei in die Gärbottiche und später in konzentrierter Form in die Flaschen?
Die von uns verarbeiteten Rohstoffe können wir primär in die drei Rohstoffgruppen Kernobst, Steinobst und Beeren unterteilen. Diese unterscheiden sich in der Verarbeitung zum Teil erheblich von einander. Bevor wir jedoch auf die Verarbeitung eingehen, möchten wir Ihnen einen detaillierten Einblick in die Rohstoffgruppen geben.
Kernobst
Der Name leitet sich von den Kernen ab, die jede Frucht enthält. Diese Obstgattung muss für die weitere Verarbeitung gewaschen und zerkleinert werden, da die für die Gärung zuständigen Hefen nur Zucker und andere Nährstoffe aufnehmen können, die in flüssiger Form zur Verfügung stehen. Da bekanntlich reifes Obst ein besseres mitunter auch süßeres Aroma hat als unreifes, stellt natürlich der Reifegrad den entscheidenden Faktor für den Ernte- und Verarbeitungszeitpunkt dar.
Die bekannteste Vertreterin des Kernobstes dürfte die Williams Christ Birne sein, die ein wunderbar feines, fruchtiges Aroma mit sehr leicht flüchtigen Bestandteilen (daher der hervorragende Duft eines guten Williams Christ Birnenbrandes) an den Tag legt. In der Verarbeitung stellt die Williams Christ Birne jedoch erhebliche Ansprüche an den Brenner. Der Ernte- und Verarbeitungszeitpunkt sollte genau erwischt werden, denn wenn die Früchte noch etwas zu grün sind, erhält man ein leicht grasig schmeckendes Produkt, sind sie jedoch überreif, nehmen sehr schnell Fäulnisbakterien überhand, was zu einem etwas muffigen Ergebnis führt. Durch den sehr geringen Säuregehalt dieser Frucht neigt die Maische stark zu Fehlgärungen, was von leichten Geschmacksfehlern bis zu Ungenießbarkeit des Destillates führen kann.
Nach dem Einschlagen (hierunter versteht man das Vorbereiten des Obstes und Einfüllen in den Gärbottich) riecht der Gärraum intensiv nach Williams Christ Birnen und so mancher freut sich darüber, lässt sich ja doch ein hervorragendes Ergebnis erwarten. Das ist jedoch leider ein Irrglaube, denn was wir während der Gärung an Aroma mit der Nase wahrnehmen können, befindet sich nicht mehr in der Maische und kann daher auch nicht mehr bei der Destillation gewonnen werden. Um dies zu vermeiden, lassen wir die Maische ruhig und langsam, bei einer Umgebungstemperatur von ca. 15–18° C vergären. Nach Abschluss der Gärung sollte die Maische möglichst bald abgebrannt werden.
Als äußerst harte Nuss zeigt sich die Quitte mit ihrem unvergleichlichen, herb-fruchtigen Aroma, welches bei richtiger und geduldiger Behandlung der Früchte im Destillat gewonnen werden kann. Hier zeigen sich auch schon die großen Schwierigkeiten bei der Verarbeitung der Apfel- und Birnenquitten. Mitunter ist auch das Mischungsverhältnis der beiden Gattungen für das Aroma des Destillates verantwortlich. Doch bevor wir auch nur einen Tropfen auf unserer Zunge zergehen lassen können, möchten die Früchte einer etwas aufwendigen Prozedur unterzogen werden. Nach einer gewissen Zeit des Nachreifens wollen sie von Hand aussortiert (die zu braunen oder gar schon leicht schimmeligen müssen weg) und gewaschen werden, damit sich neben Schmutz und Bakterien auch der Bart löst. Anschließend werden die sehr trockenen und harten Früchte gemahlen, langsam und der Reihe nach, denn sonst weigern sich die »3 Pferde« des Mühlenmotors weiterzuarbeiten. Danach darf die Maische in aller Ruhe gären, um dann geruhsam destilliert zu werden. Der so gewonnene Edelobstbrand mit seinem unverwechselbaren purem Quittenduft nistet sich (einmal so rein geschnuppert) für immer in den »Geruchserinnerungszellen« unserer Gehirnwindungen ein.
Angenehm, jedoch etwas eigenwillig schmeckend stellt sich die Spätapfel-Sorte »Schöner von Boskop« vor, die zu den ältesten heimischen Apfelsorten zählt. Diese Früchte werden von uns sortenrein gesammelt und verarbeitet. Auch hier stellt natürlich der Reifegrad des Obstes eine wichtige Weiche für die Aromaintensität des fertigen Brandes. Schöne rote Bäckchen und wenig braune Flecken sollten die Früchte haben, am besten von selbst gefallen, dann jedoch umgehend verarbeitet – das sind die idealen Voraussetzungen für ein gutes Ergebnis. Die aus diesen Früchten gewonnene Maische ist relativ stabil und kann nach der Gärung bei Bedarf auch etwas länger gelagert werden.
Streuobst, bunt gemischte, alte, heimische Apfelsorten und verschiedene Birnensorten sind die Grundlage für einen der ältesten Obstbrände den gemeinen »Obstler«. Dieses Destillat kann durchaus eine weit höhere Qualität erreichen als man allgemein glaubt. Hier spielt das Mischungsverhältnis zwischen Birnen und Äpfeln, der Reifegrad der Früchte und die Qualität des Obstes eine entscheidende Rolle. Wir verwenden für unseren “Obstbrand aus Äpfel und Birnen” einen etwas höheren Anteil an Äpfeln. Das Obst wird einer ebenso gründlichen Vorbehandlung unterzogen wie die anderen Kernobstsorten auch, und auch bei der Auswahl des Obstes stellen wir die gleich hohen Ansprüche. Verlesen, gewaschen und gemahlen wird es anschließend langsam vergoren, um danach schonend destilliert zu werden.
Steinobst
Für die Namengebung ist der Stein jeder Frucht dieser Obstkategorie verantwortlich. Im Gegensatz zum Kernobst, wird das Steinobst nicht gemahlen. Die Schale der Früchte wird gezielt verletzt, damit der Saft und die enthaltenen Zucker austreten, und durch die Gärhefe in Alkohol umgewandelt werden können. Beim Aufpressen, Aufreißen oder Aufquetschen der Früchte gehen wir sehr behutsam vor, um nur die Schale zu verletzen, jedoch die Steine heil zu lassen. Denn wenn die Steine verletzt werden, erhalten wir im Destillat einen viel zu hohen Anteil an Bittermandelaroma, was die feinen, zum Teil sehr empfindlichen Aromen der Früchte völlig überlagern würde.
Purpur gefärbte Hände sind ein sicheres Zeichen, dass wir gerade vollreife Kirschen verarbeiten. Die richtige Mischung aus Süß- und Sauerkirschen lassen auf einen sommerlichen Kirschduft im Glas hoffen. Zunächst wird jedoch auch hier das Obst eines kritischen Blickes unterzogen und bei Bedarf von vielen Händen verlesen. Über eine Beerenmühle, deren Walzen so eng sind, das die Früchtchen aufgequetscht werden, jedoch den Steinen genügend Platz für ungehindertes Durchschlüpfen bieten, gelangen die Früchte in den Gärbottich. Nach ca. drei Wochen wird die Maische vom Großteil der Steine getrennt und geruhsam in der Kupferblase destilliert.
Leicht pelzig, apricotfarben mit roten Backen, fein duftend und saftig weiches Fruchtfleisch. So lässt wohl am besten der richtige Reifegrad der Marillen (Aprikosen) für die Herstellung eines Edelobstbrandes definieren.
Um die relativ großen Steine nicht zu beschädigen, werden die Früchte von Hand mit einem Stampfer in den Gärbottich gepresst, um den zuckersüßen Saft freizusetzen und Luftnester, welche sich negativ auf die Gärung auswirken, zu vermeiden. Langsam in kühler Umgebung vergoren und dann mit viel Geduld und Ruhe gebrannt – die Hoffnung auf einen milden, vollfruchtigen Brand mit einem Hauch von Mandelgeschmack steigt …
Im Altweibersommer, schon fast im Spätherbst geerntet, blau-violette Schale, gelbliches Fruchtfleisch, länglich in der Form, jedoch nur wenige Zentimeter lang, das sind die von uns gewünschten Zwetschgen für ein herbstlich reiches Dufterlebnis aus dem Glas. Der Reifegrad der Früchte ist von sehr großer Bedeutung, da die etwas unreifen Früchte sehr grasig schmecken. Sie sollten solange am Baum hängen dürfen, bis sie am Stielansatz bereits leicht schrumplig werden und das Fruchtfleisch sich leicht vom Stein lösen lässt. Ohne Stiel, ohne Blätter finden die reifen Früchte den Weg zwischen den Walzen der Beerenmühle hindurch in den Gärbottich. Der Duft, den man beim Einschlagen der Zwetschgen in der Nase hat, lässt einen unweigerlich an Zwetschgendatschi und Zwetschgenknödel denken … Nach dem steinschonden Quetschen der Zwetschgen dürfen diese ihren Zucker durch die Hefen in Alkohol verwandeln lassen, damit wir dann das feine Aroma mit dem entstanden Alkohol abdestillieren und in Flaschen konservieren können.
Kirschgroße, gelbe Früchtchen aus der Familie der Pflaumen, auch Wachspflaumen genannt, das sind Mirabellen. Im Duft macht sich die Verwandtschaft zur Pflaume durchaus bemerkbar, wobei sie immer etwas feingliedriger, vielleicht femininer und edler wirkt. Vorsichtig bei der Ernte in luftige Kisten gepackt, damit die Früchte heil bleiben und sich nicht auf ihrem Weg zu uns bereits verflüssigen oder gar zu gären beginnen, stehen sie vollreif vor uns. Die wenigen angeschlagenen werden von Hand ausgesondert, der große Rest zwängt sich durch die Beerenmühle in den Gärbottich, um langsam den Zucker in Alkohol zu wandeln. Bei der Gärführung ist große Sorgfalt geboten, da die säurearme Maische zu Fehlgärungen neigt. Die unbeschädigten Steine setzen sich dabei teilweise am Boden ab, und dürfen auch dort bleiben, um kein zu intensives Bittermandelaroma im Edelobstbrand zu erzeugen. Langsam und mit größter Sorgfalt muss das Brennen der Maische erfolgen, denn zum richtigen Zeitpunkt muss vom Vorlauf auf das Herzstück übergegangen werden. Das Fruchtaroma bei dieser Obstsorte ist am Ende des Herzstückes am intensivsten, jedoch machen sich bereits sehr geringe Mengen an Nachlauf im fertigen Produkt äußerst negativ bemerkbar. Mit viel Fingerspitzengefühl muss also der Zeitpunkt für die Nachlaufabtrennung bestimmt werden.
Beeren
An sonnigen Böschungen und auf Lichtungen in unseren Wäldern reifen sie im Sommer zu wohlschmeckenden und duftenden kleinen Beeren heran – Waldhimbeeren. Das Aroma von Waldhimbeeren übersteigt das von Plantagenfrüchten um ein Vielfaches. Jedoch auch die Arbeit, diese Beerchen zu ernten, übersteigt die Plantagenfrüchte bei weitem. Ganz frisch aus dem Wald kommen sie zu uns und wandern direkt in die Tiefkühltruhe, da sich der Erntezeitraum über mehrere Wochen erstreckt, müssen wir diese Früchtchen erstmal einfrieren und sammeln. Wenn dann alle ihren Weg zu unserer Brennerei gefunden haben, kommen sie in einen Edelstahltank, wo sie mit geschmacksneutralem, hochreinen Alkohol überzogen werden. Unsere Waldhimbeeren baden nun solange im Alkohol, bis sie Ihr ganzes Aroma an diesen abgegeben haben und werden dann umgehend destilliert. Hierfür bringen wir jede Menge Ruhe und Zeit mit, da wir das Aroma der Früchte zusammen mit dem Alkohol in die Flaschen bringen möchten. Sollen doch alle Düfte des Sommerwaldes, in Zusammenklang mit dem reifen Beerenaroma die Nase bezaubern.